1 Mikro: Arbeitsmärkte

Ein erstes zentrales Thema im mikroökonomischen Bereich der Bildungsökonomik ist der Effekt der Bildung auf Löhne und Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt. Mikroökonometrische Schätzungen von Bildungsertragsraten machen deutlich, welche Auswirkungen jedes zusätzliche in Bildung verbrachte Jahr auf individuelle Löhne hat, indem sie die Kosten der Bildung den zukünftigen Erträgen auf dem Arbeitsmarkt gegenüberstellen. Dies stellt gleichzeitig das zentrale Konzept der Humankapitaltheorie dar. Praktisch alle Mitglieder des EENEE Netzwerks haben in diesem Bereich einen Beitrag geleistet, allen voran Psacharopoulos mit zahlreichen und viel zitierten Studien auf diesem Gebiet (z.B. Psacharopoulos 1994). Psacharopoulos trug außerdem entscheidend zu der Literatur auf diesem Gebiet bei, indem er zeigte, dass die geschätzten Ertragsraten der Bildung tatsächlich einen produktivitätssteigernden Effekt der Bildung reflektieren (Layard und Psacharopoulos 1974). Weitere führende Beiträge sind die Studien von Oosterbeek, die besonders auch die Evidenz für Europa aufzeigen (Harmon, Oosterbeek und Walker 2003; vgl. auch seine Arbeit zu den Niederlanden, Oosterbeek 1990), die Schätzungen für spezielle Länder Europas von Brunello, Hartog und Wolter in Harmon u.a. (2001), die Schätzungen für die neuen Beitrittsländer von Münich, Svejnar und Terrell (1999) und von Jurajda, Filer und Plánovský (2000), und viele andere Studien von Mitgliedern des EENEE Netzwerks, einschließlich einiger Studien mit vergleichender Perspektive.

Während den Jahren der ersten Projektphase des EENEE hat unser Netzwerk weiter an diesen Themen gearbeitet: Psacharopoulos and Patrinos (2004) überblickt mehr als 40 Jahre von geschätzten Bildungsrenditen und Münich, Svejnar und Terrell (2005a) schätzen die Bildungsrendite unter dem kommunistischen Regime und während des Übergangs in die Marktwirtschaft. Oosterbeek und Webbink (2007) untersuchen speziell den Einkommenseffekt der Berufsausbildung (siehe dazu auch Thema 5). Im Gegensatz zu den meisten Studien, bei denen es um Einkommensniveaueffekte der Bildung geht, konzentrieren sich Brunello, Fort und Weber (2009) auf den Effekt der Bildung auf die Lohnverteilung, indem sie Daten aus 12 europäischen Ländern verwenden. De la Fuente und Jimeno (2009) schätzen sowohl die private Bildungsertragsrendite aber auch die fiskalische Rendite inklusive des Effekts der Einhaltung des Staatshaushaltes.

Bildung beeinflusst nicht nur die Löhne, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, eine Arbeit zu finden, wie das Muster der Langzeitarbeitslosigkeit in Europa zeigt (Machin und Manning 1999). Verschiedene aktive Arbeitsmarktpolitiken versuchen, diesem Beschäftigungseffekt durch spezielle Aus- und Weiterbildungsprogramme für gering-qualifizierte Jugendliche und durch „On-the-job“ Fortbildungen zu begegnen. Empirische Untersuchungen können den Erfolg solcher Programme offenbaren (so z.B. Fougère, Kramarz und Magnac 2000 für die Beschäftigung von Jugendlichen in Frankreich). Neuere technologische Veränderungen scheinen für verschiedene Qualifikationsstufen unterschiedliche Auswirkungen gehabt zu haben und die Nachfrage nach qualifizierter Arbeitskraft relativ zu der nach gering-qualifizierter erhöht zu haben (Machin und van Reenen 1998; Berman, Bound und Machin 1998, Machin 2004, Machin and van Reenen 2008). Außerdem scheint aktuell die Gefahr eines "Brain-Drain" zu bestehen, da viele der best-ausgebildeten Personen abwandern, um im Ausland Arbeit zu finden (vgl. Becker, Ichino und Peri 2003 für Italien).

Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Qualität der Bildung (gemessen durch kognitive Teste, wie PISA oder TIMSS) einen größeren Einfluss auf die Löhne, die Beschäftigung und sogar den Wachstumseffekte der Bildung (siehe dazu auch Thema 3) hat als die Quantität (die traditionell durch die Anzahl der Schuljahre gemessen wird). Hanushek und Wößmann (2008) schaffen einen Überblick über die Literatur, die die Relevanz von kognitiven Fähigkeiten betrachten, wobei das Hauptaugenmerk speziell auf den Industriestaaten liegt.

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Referenzen

1a Ertragsraten der Bildung, Kosten und Nutzen
1b Externalitäten und nicht-marktbezogene Effekte der Bildung
1c Beschäftigung und die Nachfrage nach Qualifikationen, verzerrter technologischer Wandel